Togaras hat geschrieben:Von der Dorfbevölkerung wurde meines Wissens aber nur der Totengräber durch die Spieler "beseitigt"?
Nein, wir haben erheblich mehr Dorfbewohner verloren. Auch den Torfstecher hats erwischt sowie die Fischerbrüder. Die Waldbäuerin hat sich geopfert. Die Dorfvorsteherin hat auch nen Kehlschnitt bekommen und konnte nur knapp gerettet werden.
Das Jungvermählte Pärchen ist am Sonntag gegangen, erschüttert von den Ereignissen (und wir WISSEN ja: wer Gaelf verlässt, kommt nicht wieder). Und Haebris samt seiner Schwester Näherin haben nun auch nen verdammt schweren Stand im Dorf, so daß die wahrscheinlich nicht bleiben werden (O-Ton der Händlerin: Die haben genauso wie wir alle das schöne Leben genossen und als es drauf ankam, haben sie sich gegen uns gestellt).
So unterschiedlich können Wahrnehmungen sein. Und hey, die Grys mögen keine Dörfler gewesen sein, aber sie waren für uns wichtig. Und sie haben für uns so einiges an wirklich guten Sachen bewerkstelligt, auch noch, als sie bereits gefangen waren. Ihr Abschlachten ist also für die Dörfler durchaus ein wichtiges Problem.
Und nun zu meiner Einschätzung:
Pro
Tolle Location habt ihr da aufgetan. Da muß zwar noch viel dram gemacht werden, aber da ist auch deutliches Entwicklungspotential drin. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich die Lausitzer Zeitreise in den nächsten Jahren entwickelt. Wenn man bedenkt, in wie kurzer Zeit das bisherige entstanden ist, war das Gelände schon beeindruckend. Und dahingehend waren mir die modernen Abträglichkeiten ziemlich egal.
Gut lief meiner Meinung nach der Plot. Vor allem auf sozialdynamischer Ebene war der sehr treibend. Zwar haben einige Dörfler ihr Plappermaul viel zu schnell aufgemacht (es war verdammt beeindruckend, ja fast erschreckend, wie schnell die "Fremden" an unsere vitalen Geheimnisse gekommen sind). Aber so richtig tief gings Samstag morgen rein, daß die Vorsteherin mit den Grys zusammen eingesperrt worden ist. Ab da kam ich kaum noch zu meinem Handwerk, denn die Situation spitzte sich pausenlos zu. Beständige (vergebliche) Besuche bei irgendwelchen Fremden, um sie aufzufordern sich doch bitte schön neben den Anführer der Grys in die Sonne zu stellen statt im Schatten zu sitzen. Versuche eine Leiter an das Haus zu bringen, in dem die Grys gefangen waren. Immer wieder das Tor vernageln. Gareth aus meinem Haus und später aus dem Dorf werfen. Bis hin zum zum letzten Versuch die Fremden noch abzuhalten, als der Angriff bereits lief. Zu schade daß absolut niemand drauf eingestiegen ist, als ich dort das Drama-Lama geritten habe. Da hätten tolle Situationen entstehen können.
Vielen Dank an dieser Stelle an Vivienne. Das Abfangen der Näherin, um sie doch noch zu überreden und deine Angsterfüllte Flucht vor mir waren ein ganz großer Moment in meinen Augen. Das Dilemma "schlag ich sie jetzt nieder oder belass ichs beim Versuch sie zu überreden" war eine der härtesten Entscheidungen, die ich bisher im Larp je treffen musste. Und gerade die gut gespielte Angst hat mich dazu gebracht, den gewaltsamen Weg dann doch abzulehnen.
Kontra
Schon bei der Ansprache am Donnerstag Abend viel mir bereits mit mulmigem Gefühl auf, was da als DKWDDK verstanden werden sollte: Dinge wie "Ab dem vierten Treffer tuts einem ungerüsteten Normalsterblichen weh" sind alles andere als eben jene Spielphilosophie. Hat sich schonmal jemand von euch in den Finger geschnitten? Das schmerzt auch bereits und ist nichts gegenüber einem Schwerthieb o.ä.
Entsprechend konnte ich am Samstag Abend auch so einiges an weniger schönen Situationen beobachten. Da gabs eine Situation, in der mittels Magie ein Haus gelöscht wurde. Der Singsang der Elfe die das tat war durchaus interessant als Methode. Aber leider kam danach eine typische Ansage der "Du siehst wie ..." Art, die die ganze augebaute Stimmung ad hoc zu Boden getreten hat. Statt dieser OT Ansage hätte auch der Charakter rufen können "Seht, wie ich das Wasser aus dem Boden steigen lasse. Das sollte das Haus wohl löschen". Oder noch besser, das Löschen den profanen Mitstreitern überlassen, die dann ganz einfach mit Eimer und Wasser das Feuer löschen. DAS ist eindrucksvolle Darstellung pur. Und für die Magiebegabten gabs wirklich genug zu tun, oder?
Oder auch der Zauber der aus einem Zeigen auf den Gegner mittels einer Taschenlampe und dem Befehlswort "Sonnenstrahl" bestand. Wenn da überhaupt mehr als das kam, hab ich das auch knapp zehn Metern Entfernung nicht mehr mitbekommen können. Wo bleibt denn bei sowas die Darstellung?
Bitte liebe Leute: Begreift Magie nicht als reines Mittel zur Problemlösung für alles sondern als Möglichkeit zum Spiel und als Stilmittel zur Darstellung. Betrachtet doch mitte eure Mitspieler als Zuschauer für eure Show, die ihr beeindrucken könnt und als Spielpartner zum Interagieren.
Man muß einen Käfig nicht mit nem Schutzkreis verschließen. Eine Wache bewirkt das Gleiche uns ist anspielbar. Oder wenn es denn schon ein Schutzkreis ist, beschränkt ihn auf Arkanes oder so. So könnte ein Normalsterblicher einfach durch, während ein Magiebegabter zwar physisch durch könnte aber dafür seine Magische Seite Probleme bekommen. Der Betzroffene könnte dann entscheiden ob er dabei höllische Schmerzen erleidet oder magisch "erblindet" doer was auch immer. Aber es wäre kein Spielstopper.
Und das Gleiche gilt auch für alle möglichen anderen Situationen. Die Allgemeine Sichtweise auf die Spielphilosophie DKWDDK kann echt noch deutlich in verdammt vielen Fällen nochmal überdacht werden.
Dann hätte ich da noch das Auftreten der Fremden, die sprichwörtlich wie die Axt im Walde agiert haben. Generel hab ich nix gegen ein klassisches und deutliches Gut-Böse Schema. Das ist eins der ältesten und bekanntesten Fantasy-Klischees. Aber eine Situation auf schwarz-weiß zu reduzieren, die alles andere als das ist, ist ne ganz andere Nummer. Entsprechend seh ich Sebastians Kritik an dem "unbefriedigten Ende" auch deutlich anders.
Sebastian hat geschrieben:Einziger Kritikpunkt am Plot ist das meines Erachtens etwas unbefriedigende Ende. Dass der Obermotz fliehen konnte, ist völlig in Ordnung, allerdings hätte man deutlicher machen müssen, dass die Gefahr damit zumindest für eine gewisse (längere) Zeit auch wirklich gebannt ist. So stellte sich vielen SC nämlich die Frage, ob sie nun überhaupt guten Gewissens abreisen können.
Faktisch sind die Grys als Mittler ausgelöscht, aber der Obervampir eben nicht. Die Spielerschar hat den nur wütend gemacht und die Dörfler, die dach der Abreise der Fremden zurückbleiben, sind die die es ausbaden müssen. Da halte ich ein gewisses Gefühl der Unsicherheit, daß zurückbleibt (wenn es denn Spieler gibt, die dies so überhaupt wahrnehmen) für absolut passend.
verpasste Gelegenheiten
Schade daß so wenig Spieler die Möglichkeiten meines Schmieds nutzen wollten. Außer ein paar Nieten, die festgeklopft werden sollten und einer Schar an Messern, welche die verschiedenen Dörfler geschliffen bekommen wollten, gabs leider nix. Mag sein, daß es damit zusammenhing, daß die Schmiede etwas abseits gelegen war.
Die Oben beschriebene Szene mit der Näherin oder wenig später der hochemotionale Moment als meine angetraute Händlerin mich beschwor,
nicht weiter zu versuchen, die Fremden zu überreden, blieben leider ohne nennenswertes Publikum.
Schade auch, daß der Umgang mit Licht so problematisch war. Meine Öllampe hätte ich (genau wie das Geschirr) auch zu Hause lassen können, hätte man das früher gewußt.
interessantes
Das Einbinden meines Knies um die Kriegsverletzung besser rüberzubringen war eine verdammt gute Idee. Ich war fasziniert, wie viele Leute mich besorgt darauf ansprachen, ob es mit denn gut ginge. Es war auch sehr interessant, zu erleben, wie viele Kleinigkeiten dadurch eben einen Tick schwieriger gingen und wo alles für so eine vergleichbar geringfügige Behinderung Probleme lauern. Ich hab noch nie Stufen so bewusst wahrgenommen.
Fazit
Trotz der Probleme in der Spielweise empfand ich diesem Mittland Con, der für mich das erste Mal Mittland war, als toll. Ich habe sehr unterschiedliche Spielvorlieben bei den Spielern gesehen, die alle auf die eine oder andere Art und Weise beliefert wurden. Das NSC Briefing war dicht und intensiv und die Spieltiefe entwickelte sich dem entsprechend komplex aber dennoch reibungsarm. Mich beschäftigen auch jetzt, zwei Tage nach Ende der Con, die Probleme der Gaelfer noch immer. Das war ein recht intensives Erlebnis.
Ich für meinen Teil mag jedenfalls gerne wieder nach Mittland kommen.
P.S. was das "hinterwäldlerische" der Dörfler angeht, da verstehe ich die Sicht vieler Leute nicht recht. Eine aufgeklärte und weltgewandte Dorfbevölkerung käme MIR zumindest für ein mittelalterliches Fantasy Dorf grob falsch vor. Als Lutz das voraufklärerische in der letzten NSC Mail vor der Con so betont hat, kam mir das total übertrieben vor. Aber offensichtlich ist das nicht so. Die Dörfler waren jedenfalls weder treudoof noch dumm. Sie hatten für ale ihre Handlungs- und Sichtweisen durchaus sehr gute und nachvollziehbare Gründe. Flotsch hat das oben ganz treffend beschrieben.